Das Ausrufezeichen war den Aktiven in unseren Selbsthilfegruppen dabei besonders wichtig. Denn darum geht es in den Gruppen: Nach dem Schock der Diagnose, nach dem Zweifeln und manchmal Verzweifeln, nach Todesängsten und Sorgen „soll das Leben uns wieder haben“, wie es ein Gruppenmitglied einmal formulierte. In der Gruppe ist man nicht mehr allein mit der Krankheit, weiß sich verstanden und aufgehoben und kann durch Erfahrungs- und Informationsaustausch neue Wege für sich finden.
Vor vierzig Jahren begann diese Arbeit in einem Modellversuch mit der Dt. Krebshilfe. Es war ein ganz neues Arbeitsfeld, denn bis dahin gab es allein die medizinisch/ therapeutische Nachsorge nach einem Krankenhausaufenthalt. Jetzt sollte es um die psychische und soziale Situation der Erkrankten gehen. Unser Ziel war und ist es noch heute: Krebserkrankte Menschen und ihre Angehörigen sollen ergänzend zur medizinischen und therapeutischen Behandlung Hilfe und Ansprechpersonen finden. Die Resonanz auf unser Angebot zeigte den Bedarf. Die Beauftragten des Landesverbandes berieten und betreuten bereits im ersten Jahr etwa 500 Menschen und bauten elf Gesprächsgruppen auf.
Seitdem ist eine lange Zeit vergangen, es hat viele gesellschaftliche Veränderungen gegeben, die auch unsere Angebote beeinflusst haben. Die Lebenssituation vieler Menschen hat sich stark verändert, neben Berufstätigkeit und Familienengagement sehen viele kaum noch eine Möglichkeit, sich in einer Selbsthilfegruppe zu engagieren. Einige jüngere Betroffene stehen diesen auch skeptisch gegenüber. In Zeiten von überall verfügbarer Information und Austausch scheinen Selbsthilfegruppen überholt zu sein.
Die Erfahrungen und zufriedenen Rückmeldungen in unseren Gruppen zeigen jedoch, dass nach wie vor ein Bedarf an persönlichem Gespräch besteht, der nicht durch Chatrooms oder Ähnliches ersetzt werden kann. Das besondere Verständnis von anderen Betroffenen, der Zusammenhalt untereinander sind Dinge, die man so nur in Selbsthilfegruppen erfahren kann. Erlebt wird dabei auch, dass Ältere und Jüngere in den Gruppen das Verbindende sehen und viel voneinander lernen können. Deshalb freue ich mich darauf, dass wir auch in Zukunft viele krebserkrankte Menschen und ihre Angehörigen in unseren Gruppen unterstützen werden.
Die Diagnose trifft die meisten unvorbereitet und schockiert zutiefst. Oft folgt eine Phase des Nichtwahrhabenwollens, der Auflehnung, bis es gelingt, die Wahrheit zu begreifen. Und dann muss ein Weg gefunden werden, mit der Erkrankung zu leben. Jeder entwickelt dabei andere Strategien des Umgangs. Wichtig für alle ist es, Wege zu finden, die Mut machen und Hoffnung wachsen lassen. Dafür braucht man in einem solch schwierigen Lebensabschnitt in besonderem Maße andere Menschen: Für Gespräche und Fragen, um Verständnis zu finden und Informationen zu bekommen. Dieses „nichts ist mehr wie vorher“ ist durchaus nicht nur negativ zu verstehen! Was am Anfang undenkbar erscheint, berichten sehr viele an Krebs erkrankte Menschen in unseren Gesprächsgruppen übereinstimmend: Nach einiger Zeit des Lebens mit der Krankheit habe ich in meinem Leben viele neue Qualitäten entdeckt. Ich lebe bewusster und genieße die „kleinen“ Dinge des Lebens, ich bin aktiver geworden. Alte Hobbies werden reaktiviert, neue Freundschaften geknüpft oder auch endlich Dinge getan, die „ich schon immer einmal machen wollte“.
Oft wird eine solche Entwicklung durch die aktive Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe unterstützt. Das besondere Verständnis, das man dort von anderen Betroffenen findet und die Kontakte untereinander erleichtern, bereichern und machen Mut. Der Erfahrungsaustausch und neue Informationen machen sicherer und helfen dabei, bewusste Entscheidungen zu treffen. Doch viele Menschen scheuen den Schritt in eine Selbsthilfegruppe. Das liegt oft daran, dass sie eine falsche Vorstellung davon haben, was in einer solchen Gruppe passiert. Sie denken, dass es dort überwiegend um Gespräche über Krankheit, Leid und Schmerzen gehen würde und dies dann viel zu belastend sei. Aber das ist nicht der Fall. Natürlich geht es darum, sich mit der Erkrankung auseinander zu setzen und sich gegenseitig zu stützen und dabei kann es auch leidvolle Momente geben. Aber ganz überwiegend ist es erleichternd, von anderen wichtige Tipps und Informationen zu bekommen und von Erfahrungen zu profitieren. Es macht Mut, zu sehen, dass die Erkrankung bei einigen schon lange her ist und sie gut damit leben können. Neben dem Informations- und Erfahrungsaustausch werden neue Dinge kennen gelernt, Ausflüge gemacht oder Aktivitäten ausprobiert wie Yoga oder Tanzen, Kochen oder Gedichte schreiben – je nach den Ideen und Wünschen der Teilnehmenden. Und nicht zu vergessen: In den Gruppen wird gern und viel gelacht! Nicht umsonst hat eine unserer Gruppen ihre Treffen unter das Motto gestellt: "Nicht leben wie bisher - sondern leben wie nie zuvor!"
Unter dem Dach des Deutschen Roten Kreuzes in Schleswig-Holstein gibt es etwa 30 Gesprächskreise für Betroffene und Angehörige, die sich als begleitete Selbsthilfegruppen verstehen. Die Begleitung erfolgt durch vom DRK-Landesverband geschulte und sehr engagiert ehrenamtlich Aktive, die meist selbst oder als Angehörige von einer Krebserkrankung betroffen sind und damit eigene Erfahrungen einbringen. Auch wenn Sie nicht gleich den Schritt in eine der Gesprächsgruppen gehen wollen, können Sie gerne Kontakt aufnehmen. Die ehrenamtlichen Kräfte stehen für Fragen und Einzelgespräche – persönlich oder telefonisch, im Einzelfall auch bei Ihnen zu Hause oder im Krankenhaus - zur Verfügung. Mit unserer Broschüre wollen wir Ihnen helfen, Angebote in Ihrer Nähe zu finden und Ihnen Mut machen: Schauen Sie einfach einmal hinein und rufen Sie uns an, wenn Sie Fragen haben. Sprechen Sie uns gerne an, wenn es vor Ort kein passendes Angebot gibt. Wir unterstützen Sie auch bei der Gründung einer neuen Selbsthilfegruppe
Durch eine Krebserkrankung ändert sich die familiäre Lebenssituation sehr einschneidend. Angehörige sind zutiefst erschüttert, haben viele Fragen und Ängste. Darüber hinaus sollen und wollen sie Stütze und Halt für die Betroffenen sein. Auch Sie als Angehörige brauchen Zeit, sich mit der Erkrankung auseinander zu setzen, überfordern Sie sich nicht. Es kann sehr hilfreich sein, Ihre Fragen in einem geschützten Rahmen anzusprechen, zu erfahren, wie es anderen in einer ähnlichen Situation geht und neue Informationen zu bekommen. Die Gesprächskreise des DRK sind meist für Betroffene und Angehörige offen. Probieren Sie aus, ob diese Treffen für Sie hilfreich sind. Wir unterstützen Sie auch gerne, wenn Sie eine spezielle Angehörigengruppe zum Thema Krebs gründen möchten.
Im Dezember 2018 haben alle Mitglieder der Gruppe einmal aufgeschrieben (anonym), warum sie in die Gruppe kommen, was es ihnen bringt, dabei zu sein. Das sind die Antworten:
Für die Begleitung unserer Selbsthilfegruppen oder für Einzelgespräche mit krebserkrankten Menschen sucht das DRK Menschen, die sich in diesem Bereich ehrenamtlich engagieren wollen. Durch interessante regelmäßige Fortbildungsangebote werden Sie für die Aufgabe fit gemacht und können sich persönlich weiter entwickeln. Im DRK-Kreisverband finden Sie Unterstützung und die Möglichkeit zum Erfahrungsaustausch mit bereits aktiven ehrenamtlichen Kräften. Die Zeit und Art des Einsatzes ist nach Absprache individuell unterschiedlich möglich.
Hier finden Sie die Broschüre „Leben mit Krebs!“ mit Informationen über die Standorte der Selbsthilfegruppen.